Mein Mann und ich haben die Gelegenheit genutzt und unsere Tochter in den USA besucht. Wir haben einen kleinen Teil des Nordostens der USA zum Indian Summer bereist und atemberaubende Aussichten im Shenandoah-Nationalpark genossen.
Natürlich gehörten auch die großen Ostküsten-Metropolen New York und Washington zu unserer Reiseroute. Und selbstverständlich musste ich auch die berühmten Longwood Gardens in der Nähe von Philadelphia besuchen. Ein Besuch dort ist ein Muss für jeden Pflanzenliebhaber. Die über 4 Quadrat-kilometer große Gartenanlage wurde in der Zeit von 1906 bis 1946 von dem Unternehmer Pierre du Pont gestaltet und unterhalten und danach von der Longwood Foundation, die Longwood Gardens für Besucher öffnete.
Aus diesem Pflanzenparadies habe ich Ihnen einige Impressionen mitgebracht und möchte besondere Pflanzen näher vorstellen.
Diese Jahreszeit ist nicht ideal für einen Besuch, da die Wasserbecken des Main Fountain Gardens und des Italian Walter Gardens bereits für den kommenden Winter geleert wurden und auch bestimmte Themen-Gärten wie der Rose Garden und der Wisteria Garden bereits in der Winterruhe sind. Aber auch in dieser Jahreszeit fasziniert der Gang durch die mächtige Allee aus Blauglockenbäumen die Besucher. Man kann sich vorstellen, welch prächtiges Schauspiel diese Bäume im April oder Mai dem Betrachter bieten, wenn sie mit ihren hellblau/violetten, aufrecht wachsenden und bis zu 30 cm hohen Blüterispen aufwarten. Der Besucher flaniert unter riesigen Blütenwolken, die sich aus unzähligen filigranen Glöckchen zusammensetzen. Jetzt im Spätherbst rascheln die traubenförmig hängenden, eingetrockneten Früchte im Wind. Diese Bäume, die eigentlich in Asien heimisch sind, waschen ohne Winterschutz im Nordosten der USA, wo das Klima mit unserem vergleichbar ist.
Lässt man die Allee auch Kaiserpaulownien hinter sich eröffnet sich dem Besucher ein atemberaubender Blick auf die leicht erhöhte und maiestätische Glashausanlage. Schon allein dieser riesige Glashauskomplex (Conservatory) ist einen Besuch wert. Der Gang durch dieses Glashaus hat meinen Mann und mich fast den ganzen Tag beschäftigt. Das von 1919 bis 1921 errichtete Glashaus ist eines der größten der Welt. Hier wachsen sagenhafte 5.500 Pflanzenarten aus allen Teilen der Welt.
Bougainvillen gehören definitiv zu meinen Lieblingspflanzen und dieser Rankbogen mit der prächtigen Bougainvillea spectabilis ‚Raspberry Ice‘ erinnert so sehr an das Titelbild meine Blogs, dass ich sofort fasziert davon war. Die aus Brasilien und Ecuador stammenden Kletterpflanzen bestechen durch die Leuchtkraft ihrer Blüten. Bei der Sorte „Raspberry Ice“ bietet daneben das weiß-grün oder gelb-grün panaschierte Laub auch in den wenigen kurzen Phasen ohne Blüten einen zusätzlichen Hingucker. Doch eigentlich sind sowohl Bougainvilla spectabilis und Bougaiunvillea glabra richtige Dauerblüher. Wenn sie ihren Sommerstandort im Herbst verlassen müssen, setzen sie auch im Winterquartier an hellen Standorten, wie hier im Longwood Conservatory oder in jedem heimischen Wintergarten nach drei bis fünf Wochen zu einem neuen Blütenschub an. Die Farbpalette der Bougainvillea spectabilis reicht dabei von weiß über gelb bis hin zu rosa, roten, violetten oder orangefarben Varianten. Die Bougainvillea glabra blüht in der Regel violett.
Neben die orange-farbenen Paradiesvogelblumen (Strelizie reginae) wächst hier im Longwood Conservatory auch die seltene Sorte „Mandelas Gold“. Ihre Blüten sind leuchtend gelb mit einem dunkelvioletten Einzelblatt und machen ihrem Namen Paradiesvogelblume alle Ehre, denn sie erinnern an paradiesische, tropische und farbenprächtige Vögelköpfe. Auch für sie gilt, dass die langlebigen Blüten bei entsprechendem Winterquartier nach einer Blüte auf der Sommerterrasse in den Wintermonaten exotische Farbtupfer im Wintergarten garantieren.
Im Main Conservatory, dem Hauptteil des Langwood Glashauskomplexes, stehen beeindruckende, drei Meter hohe Exemplare des Baumfarns, die damit unter Glashausbedingungen schon ihre maximale natürliche Wuchshöhe erreicht haben. Für mich ein Grund mit Hochachtung anzunehmen, dass es den professionellen Gärtner in Longwood gelingt, ideale Wuchsbedingungen, wie sie im Unterholz australischer oder neuseeländischer Wälder vorherrschen, zu simulieren. Die Stämme dieser Urzeitgewächse bestehen aus Wurzel- und Blattbasen und können hierüber Wasser und Nährstoffe aufnehmen, weshalb es für Topfpflanzen wichtig ist, die Stämme nass zu halten. Aus dem Ende der Stämme entrollen sich die bis zu einem Meter langen eleganten Farnwedel.
Im Bananen-Haus werden zahlreiche Bananenarten den Besuchern präsentiert. Bananen kamen vor mehreren hundert Jahren aus Südostasien über Afrika und die Kanaren nach Mittelamerika. Als im nahe gelegenen Philadelphia 1876 hunderte Jahre Unabhängigkeit gefeiert wurden und Longwood Garden zwar ein Arboretum aber noch keine Glashausanlage besaß, wurde in Philadelphia den Amerikanern die ersten Bananen verkauft. Heute sind die Fürchte keine Besonderheit mehr, wohl aber früchtetragende Musa x Paradisiaca-Pflanzen. Aus der knapp vier Meter hohen Bananenstaude bildet sich eine violett-rote Knospe heraus und während der Blütenstiel immer weiter nach unten wächst, bilden sich zunächst entlang des Stiels weiße-gelbe Blüten, aus denen sich später die süßen kernlosen Früchte entwickeln. Die Pflanze die nach der Ernte abstirbt, bringt aus ihren Wurzeln neue Sprosse hervor, die dann nach ca. 3 Jahren wieder blühen und Früchte tragen können.
Die Aufzählung der Gründe für einen Besuch in Longwood Gardens ließe sich schier endlos fortsetzen, doch ich hoffe, bereits mit meinem kurzen Einblick in diesem Beitrag, meine Begeisterung für die wunderbare Pflanzenwelt dort weitergeben zu können.
Mein Mann und ich haben die Gartenanlage voller neuer Ideen und erschöpft von den vielen Eindrücken verlassen und ließen den Abend gemütlich bei einem italienischen Essen ausklingen. Das Lokal ist ein Geheimtipp in Philadelphia und die Besonderheit besteht darin, das die Gäste ihren Lieblingswein selbst mitbringen.